Kennen Sie Ihre beiden Supercomputer?

Eine Einführung in die PSI-Theorie von Julius Kuhl.

 

Zusammenfassung:

  • Die PSI-Theorie (Person-System-Interaktion) des deutschen Psychologen Julius Kuhl unterscheidet zwischen 4 unterschiedlichen Systemen innerhalb der Psyche.
  • Je nachdem, wie diese Systeme gewichtet sind und miteinander zusammenarbeiten, ergeben sich Unterschiede zwischen Menschen (Persönlichkeitsunterschiede).
  • Grundvoraussetzung für eine gesunde menschliche Entwicklung ist der Zugriff auf alle 4 Systeme
  • Dies sind die 4 Systeme: Intentionsgedächtnis und Objekterkennungsmodus in der linken Hirnhälfte; Extensionsgedächtnis und nonverbale Verhaltenssteuerung in der rechten Hirnhälfte.
  • Am Ende dieses Artikels werden Sie meinen wundervollen Sohn kennen lernen und anhand einer realen Frühstückssituation von ihm und mir die 4 Systeme in Aktion erleben

Vielleicht haben Sie meinen Artikel zur Konsistenztheorie von Klaus Grawe schon gelesen. In diesem Artikel möchte ich Ihnen die zweite meiner momentan absoluten Lieblingstheorien zur Funktionsweise unserer Psyche vorstellen. Was mir besonders gefällt: Die beiden Theorien lassen sich wunderbar kombinieren miteinander. Die Theorie von Grawe erklärt auf einer allgemeinen Ebene, wie unsere Psyche funktioniert, bzw. wie wir es zu einem Zustand von Zufriedenheit und Glück (Konsistenz) oder Unzufriedenheit und Unglück schaffen (Inkonsistenz). Julius Kuhl differenziert das psychische System noch weiter aus als Grawe und teilt es auf in 4 Kategorien, sogenannte Funktionseinheiten, was einen spannenden Blickwinkel insbesondere auch auf das Thema Selbstentwicklung eröffnet. Während Grawes Ansatz besonders hilfreich ist im therapeutischen Bereich (heilen*), zeigt der Ansatz von Kuhl auf, was wir Menschen benötigen, um uns ständig weiter entwickeln zu können (wachsen*).

 

Und noch ein weiterer Unterschied, bzw. eine weitere Ergänzung: Während Grawe den Fokus auf die Frage richtete: „Was macht eigentlich Menschen psychisch gesund oder krank?“, liegt das Augenmerk bei Kuhl eher auf der Frage: „Welche Persönlichkeitsunterschiede gibt es eigentlich bei Menschen und wie lassen sich diese Unterschiede erklären?“

 

Die PSI-Theorie.

 

PSI bedeutet: Persönlichkeit-System-Interaktion. Kuhl hat in seiner langen Forschungstätigkeit entdeckt, auch unter Einbezug von Forschungsbefunden aus der Hirnforschung, dass sich die Funktionsweise des Gehirns, der Psyche und auch der Persönlichkeit in vier unterschiedliche Systeme aufteilen lässt, die relativ unabhängig voneinander arbeiten können.

 

Links und Rechts.

 

Zwei der Systeme sind in der linken Gehirnhälfte angesiedelt und zwei in der rechten. Dies ist natürlich eine Vereinfachung, die der Komplexität unseres Gehirnnetzwerks nicht gerecht wird, jedoch hilfreich ist zum Verständnis der Arbeitsweise und –aufteilung der Systeme. Neuropsychologen gehen davon aus, dass die linke Hirnhälfte modular aufgebaut ist und arbeitet, d.h. aus vielen kleineren Systemen besteht, die relativ unabhängig voneinander tätig sein können. Ein System übernimmt Aufmerksamkeitsprozesse, ein System Planungsprozesse, ein weiteres Verarbeitungsprozesse und so weiter. Dies geschieht eher rational-analytisch, d.h. ohne Einbezug von Emotionen. Was uns ermöglicht, eine Angelegenheit auch einmal etwas distanzierter anzuschauen, Prioritäten zu setzen und zu planen. Die rechte Hirnhälfte hingegen ist ein einziges grosses Netzwerk, in welchem alles mit allem verbunden ist (Bilder, Emotionen, Körperwahrnehmungen und –empfindungen). Dies ermöglicht es uns, an etwas emotional beteiligt zu sein, uns lebendig zu fühlen und inbesondere auch, uns in der komplexen sozialen Welt zurecht zu finden. Die linke Hirnhälfte arbeitet sequentiell, d.h. ein Schritt nach dem anderen wird durchgeführt, die rechte parallel: Viele Aspekte können gleichzeitig in die Verarbeitung mit einbezogen werden. Sie merken vielleicht: Ihr linker Supercomputer ist insbesondere dann leistungsstark, wenn es darum geht, einen einzelnen Sachverhalt ganz gründlich zu betrachten und durchleuchten, zum Beispiel ihre aktuelle Frisur: Gefällt Sie Ihnen? Was stört Sie daran? Wie könnten konkret Alternativen aussehen? Welche Alternativen wären überhaupt realistisch bei Ihrem Haarwuchs? Der rechte Supercomputer blüht dann auf, wenn es wichtig ist, das grosse Ganze ins Auge zu fassen und viele unterschiedliche Aspekte eines Sachverhalts zu berücksichtigen: Passt die Frisur zu ihrer aktuellen Lebenssituation, zu Ihrem aktuellen Lebensgefühl? Wie viel Aufwand müssen sie betreiben, sie zu pflegen? Wollen Sie diesen Aufwand in dem Ausmass betreiben? Was sagt ihr Partner, was sagen Ihre Kinder zu Ihrer Frisur? Ist diese Frisur an ihrem Arbeitsplatz angebracht? Wie viel Zeit möchten Sie überhaupt damit verbringen, sich über Ihre Frisur Gedanken zu machen und womit möchten Sie allenfalls Ihre Zeit lieber verbringen? Was ist überhaupt der Sinn Ihres Lebens? Vielleicht können Sie sich anhand des Beispiels in etwa einen Eindruck darüber verschaffen, wie die beiden Supercomputer funktionieren, was ihre Stärken und Schwächen sind. Grundsätzlich lässt sich sagen: Der linke, rational-analytische Supercomputer ist eindeutig leistungsfähiger bei einfachen, klar umrissenen Problemstellungen, der rechte, intuitiv-ganzheitliche dem anderen eindeutig überlegen bei komplexen Fragestellungen. Nun gibt es innerhalb der beiden Systeme, wie oben erwähnt, noch jeweils zwei weitere Systeme.

 

Links_1: Das Intentionsgedächtnis (IG).

 

In diesem System werden Absichten gespeichert. Dieses System ist insbesondere dann relevant, wenn es darum geht, an einer Tätigkeit dran zu bleiben, auch wenn sie uns nicht gleich gelingt oder wenn eine Störung auftaucht. Ohne dieses System würden wir impulsiv allem nachjagen, was uns in den Sinn oder vor die Sinne kommt. Dieses System wird aktiviert, wenn ein Gefühl von Frustration auftaucht.

 

Links_2: Der Objekterkennungsmodus (OE).

 

Dieses System ermöglicht es uns, ein Objekt, einen Eindruck aus seinem Zusammenhang herauszulösen und uns ganz auf dieses Objekt zu fokussieren. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn eine Bedrohung oder Verletzung auftaucht. Dieses System wird aktiviert durch ein Empfinden von Angst oder Schmerz. Der Tunnelblick entsteht. Der Körper bereitet sich auf Kampf oder Flucht vor. Das Denken wird schwarz-weiss, es gibt nur noch entweder-oder. Dieses System ist ein wichtiges Schutzsystem für uns Menschen. Es ist zusätzlich aber auch wichtig, um Neues zu lernen. Damit ich mir eine Französisch-Vokabel einprägen kann, muss ich das Wort isoliert von anderen Buchstaben oder vom Hintergrund meines Französischlehrbuchs wahrnehmen können und es so in mein Netzwerk von bereits vorhandenen Vokabeln einfügen. Hier kommt dann auch das nächste System zum Einsatz:

 

Rechts_1: Das Extensionsgedächtnis (EG).

 

Gelingt es, die Französischvokabel bewusst wahrzunehmen und sich einzuprägen, wird sie vom Extensionsgedächtnis in einen grösseren Zusammenhang gestellt: Was ist es für eine Wortart? Wie fühlt sich dieses Wort an? Welche Bedeutungen besitzt dieses Wort? In welchem Kontext, in welchen Zusammenhängen lässt sich dieses Wort verwenden? Was könnte die Verwendung dieses Wortes bei einem Beziehungspartner bewirken? Wenn das Wort einmal eingeprägt wurde, geht es danach in der Regel ziemlich schnell: Der Prozesse im Extensionsgedächtnis sind wir uns in der Regel viel weniger deutlich bewusst als bei den Prozessen in den Systemen der linken Hirnhälfte. Die rechte Hirnhälfte arbeitet eher intuitiv. Beim Transfer vom Objekterkennungsmodus zum Extensionsgedächtnis kann es auch zu sogenannten Synästhesien kommen, zum Beispiel wenn Menschen bestimmte Buchstaben oder Töne mit Farben verknüpfen oder Gerüche hören können. Dieses System überprüft zudem alle neuen Erfahrungen auf ihre Bedeutung für das Selbst eines Menschen, die Selbstrelevanz. Ohne dieses System hätten wir kein Identitätsgefühl. Dieses System wird aktiviert, wenn es jemandem gelingt, sich selber zu beruhigen und sich in einen entspannten Zustand zu versetzen.

 

Rechts_2: die intuitive Verhaltenssteuerung (IVS).

 

Dieses System ist zuständig für das Durchführen von Routinen und Gewohnheiten. Beziehungsweise das schnelle, intuitive Handeln. Hier sind angeborene Verhaltensprogramme abgespeichert (beispielsweise ist Müttern intuitiv klar, wie sie mit ihren Neugeborenen sprechen müssen, ohne dass sie dies bewusst lernen müssten) und auch erworbene Gewohnheiten können hier abgelegt und aktiviert werden (z.B. die körperlichen Abläufe beim Autofahren). Der Sitz des Autopiloten befindet sich hier. Die hier gespeicherten Inhalte sind relativ veränderungsresistent, was sich darin zeigt, dass sich auch unliebsam gewordene Gewohnheiten nur schwer ändern lassen. Dieses System wird aktiviert durch das Gefühl von Freude. Die beste Absicht kann nur dann in Handlung umgesetzt werden, wenn der Systemwechsel gelingt (Vom Intentionsgedächtnis zur IVS) und dies ist nur dann möglich, wenn ein Gefühl von Freude erzeugt werden kann, beispielsweise indem Sie sich vorstellen, welche positiven Auswirkungen es für Sie haben könnte, wenn Sie noch eine Stunde länger Französischvokabeln büffeln (Sie können dann nach Paris reisen und am Fuss des Eifelturms ein Croissant und einen Café bestellen). Ohne dieses System brauchten wir für alles enorm viel Zeit, da wir jede einzelne Handlung bewusst planen und deren Ablauf kontinuierlich überwachen müssten.

 

Laut Julius Kuhl besteht die menschliche Psyche und Persönlichkeit aus diesen vier Systemen und unterscheidet sich von Mensch zu Mensch darin, wie die Systeme zusammenarbeiten. Stefan kann möglicherweise sehr gut das grosse Ganze im Blick behalten (sein Extensionsgedächtnis ist stark ausgeprägt), während es Anneliese deutlich einfacher fällt, die nächsten Ferien zu organisieren, den Flug zu buchen und die Koffer zu packen (Sie ist eher intentionsgedächtnislastig). Es gibt kein besseres oder schlechteres System, sondern laut Kuhl ist es für eine ausgewogene Persönlichkeit und Persönlichkeitsentwicklung entscheidend, auf alle 4 Systeme zugreifen zu können und diese in Balance zu halten.

 

Und wie mache ich das?

 

Wie Ihnen beim Lesen der Beschreibungen vielleicht aufgefallen ist, kommt in der praktischen Umsetzung den Emotionen eine ganz besondere Bedeutung zu. Die Wechsel zwischen den Systemen geschehen über Emotionen. Julius Kuhl nennt diesen Vorgang Modulierung. Die Modulierung, d.h. der Wechsel von Angst zu Beruhigung führt dazu, dass etwas neu Gelerntes vom Objekterkennungssystem ins EG übertragen werden kann. Und der Wechsel von Frust zu Freude führt dazu, dass eine Absicht in Handlung umgesetzt werden kann. Zudem ist es wichtig, dass das Intentionsgedächtnis und das Extensionsgedächtnis aufeinander abgestimmt sein, ansonsten kann es dazu kommen, dass das nüchterne rational orientierte Intentionsgedächtnis Absichten verfolgt, die überhaupt nicht zu den im Extensionsgedächtnis abgespeicherten emotionalen Bedürfnisse einer Person passen.

 

PSI in Aktion

 

Da es sich doch um ein komplexes Modell handelt, möchte ich Ihnen zum Schluss zur besseren Veranschaulichung ein Fallbeispiel schildern:

 

Die Szene spielte sich heute morgen bei mir zuhause am Frühstückstisch ab mit meinem mittlerweile dreieinhalbjährigen Sohn ab. Aus seinem gesunden Kern heraus meldete sich ein körperlicher Bedürfnisimpuls: „ich habe Hunger“, verbunden mit einem emotionalen Bedürfnis: „Ich möchte mitbestimmen“. Bedürfnisse erfüllen sich nicht von selber, sondern benötigen oftmals Unterstützung durch eine bewusste Absicht. Sein Intentionsgedächtnis formulierte diese folgendermassen: „Papa, ich will rote Randenreiswaffeln mit Butter drauf!“ Verbunden damit war vermutlich eine bildhafte Vorstellung davon, wie diese Reiswaffeln aussehen sollten (rund und ganz). Sein Intentionsgedächtnis konnte in der Folge heruntergefahren werden, es hatte schliesslich seine Intention formuliert und in Handlung umgesetzt, d.h. seine intuitive Verhaltenssteuerung aktiviert – obwohl hier eher Papa das Verhalten übernahm – was bei meinen Sohn mit einem Gefühl von Freude verbunden war: Er freute sich auf die drei schönen, ganzen, runden Reiswaffeln mit viel Butter drauf. Ich versuchte, seinen Wunsch gewissenhaft zu erfüllen; beim mit Butter Beschmieren zerbrach mir allerdings eine Waffel. Zwei waren ganz. Für meinen Erwachsenenverstand war das kein Problem. Als mein Sohn allerdings den Teller, insbesondere die zerbrochene Reiswaffel sah, löste dies bei ihm Frust, Enttäuschung und Schmerz aus – für diejenigen, die keine Kinder haben: Bei einem Dreieinhalbjährigen kriegen Sie das noch ganz ungefiltert mit. Schauen wir noch etwas genauer hin, was in seiner Psyche vermutlich passierte: In einem ersten Schritt wurde durch das Frusterleben sein Intentionsgedächtnis wieder aktiviert und beschloss, an der Absicht festzuhalten („Ich will ganze Reiswaffeln, so wie ich sie mir vorgestellt habe! Und diese ist kaputt!“). Zusätzlich fühlte er sich wahrscheinlich auch innerhalb seiner kindlichen Logik und Emotionalität mit seinem emotionalen Bedürfnis („ich möchte mitbestimmen“) komplett übergangen und nicht gehört, was zu Enttäuschung und Schmerz führte und sein Objekterkennungssystem aktivierte: Er nahm nur noch die kaputte Reiswaffel war - dass es noch zwei ganze gab daneben und alle schön mit Butter beschmiert waren, wie er es sich gewünscht hatte, hatte er überhaupt nicht auf dem Schirm. Sein kindliches Selbst fühlte sich durch die Erfahrung bedroht und befürchtete (katastrophisierend und schwarz-weiss-denkend), dass sein Vater überhaupt nicht auf ihn hört („Ich und meine Bedürfnisse sind Papa komplett egal“). Ein Schutzhandlungsprogramm wurde aktiviert und er schob den Teller heftig von sich („Damit kann und will ich nicht leben!!!“). Wäre nur sein Intentionsgedächtnis aktiv gewesen, wäre er eher zugänglich gewesen dafür, dass ich mit ihm die Situation besprochen hätte. Durch die hohe Schmerzaktivierung war ein Gespräch nicht möglich (das weiss ich mittlerweile aus Erfahrung) und ich versuchte, ihn dabei zu unterstützen, sich (sein Objekterkennungssystem) zu beruhigen. Falls Sie auch Kinder haben und solche Situationen kennen: Ich kann Ihnen dafür leider kein Geheimrezept oder eine Patentlösung mitteilen, meinem Sohn hilft es, wenn ich einfach präsent und entspannt bin und er bestimmen darf, ob er Körperkontakt will oder nicht. Manchmal hilft es ihm, wenn er meine Hand auf sein Gesicht legen kann, manchmal tut es ihm gut, wenn er mich wegschicken darf. Meine Präsenz und mein Verständnis für seinen Schmerz schienen es ihm in dieser Situation ermöglicht zu haben, Trost zu erleben, was ihn beruhigte und es ihm möglich machte, sein Extensionsgedächtnis anzuschalten. Dieses konnte die Situation nun aus einem weiteren Blickwinkel betrachten. Es nahm wahr, dass sein Vater für ihn da ist, um ihn zu beruhigen und zu trösten, also keineswegs nicht auf ihn hören möchte und das vermutlich bedeutet, dass er seinem Vater überhaupt nicht egal ist. Es stellte wahrscheinlich auch fest, dass ich ja insofern auf ihn gehört hatte, dass ich die Reiswaffeln beschmiert und ihm gebracht hatte. Zudem gab es neben der kaputten auch noch zwei ganze Reiswaffeln. Vermutlich verglich es blitzschnell diese Situation mit früheren Erfahrungen und konnte Erlebnisse abrufen, die der Befürchtung („Ich bin meinem Vater egal“) widersprachen und die Befürchtung somit weiter relativierten. Als Konsequenz konnte sein Extensionsgedächtnis nun die Bedürfnissituation („Ich habe Hunger und möchte mitbestimmen“) mit der nicht wie erwartet ausgefallenen Realität überprüfen und abwägen, ob es auf die Bedürfnisbefriedigung verzichten muss. Dies schien nicht der Fall gewesen zu sein und mein Sohn beschloss statt dessen, seine Absicht zu korrigieren von: „Ich brauche drei ganze Reiswaffeln mit Butter, um meine Bedürfnisse befriedigen zu können“ zu „zwei ganze und eine kaputte Reiswaffel werden wohl meinen Hunger auch stillen können und ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich mitbestimmen kann und von meinem Papa gehört werde“. Dass durch die Absichtsänderung nun auch der Frust schwand, liess sich daran erkennen, dass mein Sohn mit Freude den Teller wieder zu sich nahm und zu essen begann: Er konnte seine Absicht durch Aktivierung der intuitiven Verhaltenssteuerung in Handlung umsetzen. Interessanterweise ass er gerade die kaputte Waffel als erstes. Vielleicht konnte er in dieser Situation die Erfahrung machen: „Auch wenn aussen etwas kaputt geht, bin ich trotzdem noch ganz.“

 

Ich möchte mit dieser ausführlichen Analyse einer alltäglichen Situation zeigen, wie grundlegend diese Systeme sind und wie wichtig und entscheidend es ist, dass sie gut zusammenarbeiten können, vor allem auch, um mit Situationen umzugehen, die nicht zu unseren Erwartungen und Vorstellungen passen. Dies gehört zu unserem menschlichen Alltag dazu und ein konstruktiver Umgang mit unerwarteten Ereignissen ist entscheidend für unser Wohlbefinden und unsere Weiterentwicklung. Insbesondere möchte ich mit diesem Beispiel auch zeigen, wie wichtig unser Umgang mit unseren 4 Systemen ist. Kinder sind noch stark auf ihre Eltern angewiesen, um zu lernen, zwischen diesen Systemen zu vermitteln und flexibel hin- und her zu wechseln, je nach Situation. Die Lernangebote der Eltern werden in der Prägungskruste gespeichert und später in vergleichbaren Situationen abgerufen. Trotzdem sind wir als Erwachsene diesen Prägungen nicht ausgeliefert. Diese sind nur Erinnerungen an Interaktionen mit unseren Eltern und laufen als unterhalb des Bewusstseinsradar stattfindende automatisierte Selbstgespräche ab. Wir können uns diese Selbstgespräche wieder bewusst machen und entscheiden, ob die Art und Weise, wie wir mit unserem Frust, unserem Schmerz und unseren Enttäuschungen umgehen, uns wirklich hilft, unsere beiden hochleistungsfähigen Supercomputer so gut wie möglich zu nutzen und so unser volles Entwicklungspotenzial auszuschöpfen.

 

Vielen Dank für Ihr Interesse und willkommen bei Ihnen.

 

Warten Sie Ihre beiden Supercomputer regelmässig und sorgen Sie dafür, dass die beiden sich gut miteinander verstehen. Damit erleichtern Sie Ihr eigenes Leben sowie auch das Leben der Menschen um Sie herum.

 

Herzlich,

Simon Gautschy

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PSYTSG

Psychotherapie Simon Gautschy

M.Sc. Simon Gautschy

Eidg. anerkannter Psychotherapeut
Fachpsychologe für Psychotherapie FSP

Rathausgasse 17

5000 Aarau

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