Gesundheits- oder Krankheitssystem?

Wieso ich das Anordnungsmodell nicht nutze.
Die Bedingungen des neuen Anordnungsmodells sind zum Haareraufen.

 

Wieso ich mich entschieden habe, das per 1.7.22 in Kraft getretene Anordnungsmodell nicht zu nutzen. 

 

Ich werde im Moment häufig gefragt, ob bei mir eine Behandlung über die Grundversicherung möglich ist. Und ab und zu fragen mich mutige Patient*innen, weshalb mein Stundenansatz mit 210.- höher ist als jener von anderen Psychotherapeut*innen.

 

Transparenz und Authentizität sind für mich sowohl als Therapeut wie auch als Mensch zentrale Werte. Und als vernetzt denkender Mensch mag ich ausführliche Erklärungen. Gerne möchte ich Ihnen also auf beide Fragen eine transparente, authentische und ausführliche Antwort geben.

 

Ist bei mir eine Abrechnung über die Grundversicherung möglich?

 

Nein. Im Moment nicht und je länger ich über dieses Thema nachdenke, desto mehr komme ich zum Schluss, dass dies auch in Zukunft nicht der Fall sein wird.

 

Warum?

 

Obwohl ich mich einerseits freue, dass seit dem 1. Juli 2022 die Möglichkeit besteht, dass Psychotherapeut*innen in der Schweiz Ihre Leistungen über die Grundversicherung abrechnen können, muss ich Ihnen ehrlich sagen, dass die dafür ausgehandelten Bedingungen wirklich lausig sind. Ich verstehe alle meine Berufskolleg*innen nicht, die bereit sind, zu diesen Bedingungen zu arbeiten. Ich habe sehr hohe Ansprüche an meine Arbeitsbedingungen. Weil ich sehr hohe Ansprüche an die Qualität meiner Arbeit habe. Weil es dabei um nichts anderes geht als um Ihr Seelenheil. Und das soll aus meiner Sicht das Wertvollste und Kostbarste auf der Welt sein. Und die Bedingungen, welche mit dem Anordnungsmodell einhergehen, erfüllen meine Ansprüche nicht.

 

Welche Bedingungen meine ich genau:

 

1. Anordnung durch eine ärztliche Fachperson.

 

Was das Gesetz sagt:

Um über die Grundversicherung abrechnen zu können, benötigen Patient*in und Therapeut eine Anordnung zur Behandlung durch einen Arzt.

 

Was ich sage:

Nein, eine solche benötigen wir nicht. Als Experten für die Psyche im Allgemeinen (ich) und Ihre Psyche im Besonderen (Sie) können wir sehr gut alleine, bzw. gemeinsam entscheiden, ob eine Behandlung in Ihrem Fall sinnvoll ist oder nicht. Dafür benötige ich keine ärztliche Erstmeinung, weder von einer Hausärztin noch von einem Psychiater. Nach wie vor gilt in unserem Gesundheitssystem die implizite Annahme, dass körperliche Faktoren mehr Einfluss auf unser seelisches Wohlbefinden hätten, als psychische und demzufolge in der Hierarchie die Körperärzte über uns Seelenspezialisten stehen sollten. Auch diese Annahme benötigen wir nicht mehr, da wir mittlerweile wissen, insbesondere aus den Erkenntnissen der Psychoneuroimmunologie, dass es genau umgekehrt ist: Körperliche Erkrankungen sind, abgesehen von genetisch bedingten Leiden und Unfällen, in der Regel Folgen von psychischen Belastungen in der Biografie (Trauma) oder in der Gegenwart (Krise), welche sich in Form von Stress auf die Körpersysteme auswirken. Insbesondere chronische Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Herz-/Kreislauferkrankungen etc. Die Erstkonsultation sollte also sinnvollerweise zuerst bei der Psychotherapeutin erfolgen, welche dann entscheidet, ob allenfalls zusätzlich noch eine ärztliche Abklärung sinnvoll sein könnte. Allerdings mögen wir Psychotherapeut*innen Hierarchien nicht besonders gern. Deshalb wären wir auch keine guten Ärzte. Wir arbeiten aber sehr gern auf Augenhöhe mit Ärzt*innen zusammen und schätzen deren Kompetenz sehr.

 

2. Diagnose

 

Was das Gesetz sagt:

Für die Durchführung einer psychotherapeutischen Behandlung muss eine Diagnose einer psychischen Erkrankung gestellt werden, um 1. Sicher zu stellen, dass das Ausmass des Leidens gross genug ist, um einen "Krankheitswert" zu besitzen und 2. Um aufgrund dieser Diagnose eine wirksame Behandlung garantieren zu können.

 

Was ich sage:

Diagnosen können tatsächlich sinnvoll sein, vor allem im somatisch-medizinischen Bereich. Im psychotherapeutischen Bereich sind sie es aus meiner Sicht und Erfahrung in den meisten Fällen nicht. Lassen sie mich etwas ausführen (Triggerwarnung: Ich werde dabei vermutlich etwas philosophisch-spirituell): Was impliziert eigentlich einer Diagnose einer sogenannten psychischen Erkrankung genau? Dass der Grundzustand der menschlichen Psyche jener von Gesundheit ist und die Erkrankung eine Abweichung, eine Abnormalität darstellt. Hm. Das heisst, bei all jenen Menschen, die psychisch nicht vor Gesundheit und Wohlbefinden strotzen, läuft irgendetwas falsch. Wenn wir davon ausgehen, dass die Hälfte oder mehr aller Menschen in der westlichen Welt irgendwann im Leben an einer gemäss den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (ICD-11) klar diagnostizierbaren psychischen Erkrankung leidet, findet ganz schön viel Abnormalität statt auf der Welt. Dabei wurden jene Menschen noch nicht berücksichtigt, welche sich in einer Krise befinden und keine psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen oder jene, die einfach „nur“ ein Übermass an Stress erleiden und sich damit belastet fühlen, aber irgendwie zurechtkommen. Oder die Menschen, welche als Folge von Stress eine körperliche Erkrankung entwickeln in Form einer chronischen Entzündung im Darm oder in den Gelenken, in Form einer Herzerkrankung oder in Form von Krebs. Oder jene, die ihr Leiden mit Substanzen wie Nikotin, Kaffee, Zucker oder Schuhen zu betäuben versuchen. Was ich damit sagen will: Eine Diagnose sendet ein falsches Signal. Die erste der 4 edlen Wahrheiten im Buddhismus lautet: „Alles Leben ist Leiden.“ Nicht Gesundheit ist der menschliche Grundzustand, sondern Leiden. Psychologisches Leiden ist die natürlichste Sache der Welt für uns Menschen und wenn wir dafür diagnostiziert werden, erhalten wir ein falsches Signal. Stattdessen sollten wir dafür belohnt werden, wenn wir uns um den Ausnahmezustand bemühen, nämlich, einen Ausweg aus dem Leiden zu finden. Was eben gerade nicht selbstverständlich ist. Das Ausmass an Gesundheit sollte in den Fokus gerückt werden und nicht das Ausmass an Leiden. Ein Gesundheitssystem, das darauf basiert, eine natürliche Erscheinung (Leiden) zu diagnostizieren und pathologisieren, ist aus meiner Sicht ein Krankheitssystem, das dieses Leiden genau durch diese Aufmerksamkeitslenkung noch verstärkt und fördert. Wir Psycholog*innen wissen: Besonders in der seelischen Realität gilt, dass alles, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, sich darüber freut, im warmen Licht der Aufmerksamkeit in der Regel aufblüht und sich lustvoll entwickelt. Also auch Leiden. Leiden liebt Aufmerksamkeit. Und leidet darunter, wenn sie verschwindet. Die meisten Menschen, welche eine Diagnose einer psychischen Störung erhalten haben, erleben, dass ihr Leiden auch nach einer erfolgreichen Behandlung nicht vollständig verschwunden ist. Sondern, sich nach einer gewissen Zeit wieder meldet. Zu einem späteren Zeitpunkt die gleichen oder neue Symptome auftauchen. Weil ein diagnosespezifisches Vorgehen zu kurz und zu wenig tief greift. Ich kann es ethisch nicht vertreten, diese Fehlannahme, dass die Abwesenheit von Leiden der natürliche Zustand der menschlichen Psyche ist, zu bestätigen. Vielmehr möchte ich Menschen authentisch dabei unterstützen, einen Umgang mit der anspruchsvollen Realität zu finden, dass Leiden nicht nur unseren seelischen Alltag ausmacht, sondern eine notwendige Voraussetzung für seelisches Wachstum und seelische Entwicklung darstellt. Um dann zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht tatsächlich zur authentischen Einsicht zu gelangen, dass der seelische Naturzustand im Kern Friede, Freude und Glück ist. Es ist tatsächlich möglich, das Leiden zu überwinden. Das wusste auch schon Buddha und deutet in seiner dritten edlen Wahrheit darauf hin. Ich bin kein Buddhist, aber ich möchte Menschen ganzheitlich in ihren Gesundheitsbemühungen unterstützen und nicht in ihrem Kampf gegen eine Krankheit.

 

3. Überprüfung der Behandlung durch einen Facharzt nach 15 Sitzungen.

 

Was das Gesetz sagt:

Nach 15 Sitzungen hat der Therapeut dem anordnenden Arzt Rechenschaft darüber abzulegen, wie die Behandlung verläuft. Dieser entscheidet dann, ob er weitere 15 Sitzungen anordnet.

 

Was ich sage:

Wie die Behandlung verläuft, geht niemanden ausser Ihnen und mir etwas an, ausser Sie entscheiden selber, dass Sie Ihre Hausärztin, Ihr Enkelkind, Ihre Katze oder Ihre Geranien darüber informieren möchten. Und wenn Sie von mir einen Bericht wünschen über Ihren Fortschritt, sei es mündlich oder schriftlich, dann mache ich das noch so gern. Aber nicht in einer derart rigiden und willkürlichen Form, wie es das Gesetz vorschreibt.

 

4. Überprüfung der Behandlung durch einen externen Psychiater nach 30 Sitzungen und in der Folge Prüfung einer möglichen Weiterführung der Behandlung durch den Vertrauensarzt der Versicherung.

 

Was das Gesetz sagt:

Ein Psychiater soll nach 30 Sitzungen beurteilen, ob die Behandlung weiterführungswürdig ist oder nicht.

 

Was ich sage?

Nicht viel, ich bin ziemlich sprachlos. 3 Ärzte sollen nun also entscheiden, ob Sie und ich die Behandlung weiterführen dürfen. Ich bin wirklich sprachlos. Und will eigentlich auch nicht mehr dazu sagen.

 

5. Eine Stunde Psychotherapie kostet 154.80.

 

Sagt das Gesetz.

 

Was ich sage:

Die Ausbildung zum Psychotherapeuten ist eine der aufwändigsten und teuersten in unserem Land. Zudem ist die psychotherapeutische Tätigkeit eine der anspruchsvollsten überhaupt und zusätzlich sind wir Psychotherapeut*innen hochgradig burnoutgefährdet. Insbesondere sensiblere Psychotherapeut*innen wie ich. Keine Sorge, ich will nicht jammern. Aber ich kenne meine Pflicht und Verantwortung zur Selbstfürsorge, die ich mir öfter und mit dickerem Stift auf die Fahne schreiben muss als andere Therapeut*innen. Ich habe mir einmal den Stundenansatz berechnet, der aus meiner Sicht gerade mal ungefähr den Minimalwert meiner Tätigkeit widerspiegeln würde und bin auf 333.-/Stunde gekommen. Da ich kein Therapeut für die finanzielle Elite sein möchte, habe ich mich entschieden, mich der Empfehlung des Berufsverbandes von 190.- anzunähern und habe meinen Ansatz bei 210.- festgesetzt. Dies ist mein Minimalansatz, der nicht verhandelbar ist. Würde ich ihn senken, würde meine achtsame Präsenz und somit meine (und in der Folge auch Ihre) Behandlungsqualität leiden. Und das will ich weder mir noch Ihnen zumuten. Und: Ich bin überzeugt, dass wir sensibleren Menschen gerade durch unsere Feinfühligkeit, unsere tiefere Verarbeitung und Empathie einen Mehrwert bieten, insbesondere in therapeutisch-sozialen Tätigkeitsfeldern, dass wir aber auch die Tendenz haben, uns unter unserem Wert zu verkaufen. Dieser Tendenz will ich entgegensteuern und, indem ich meiner Arbeit einen hohen monetären Wert beimesse, eine Vorbildfunktion einnehmen, um auch Sie dazu zu ermuntern, sich selber und Ihrer Sensibilität einen hohen Wert zu geben.

 

6. Punkt 5 war nun auch schon die Antwort auf die eingangs erwähnte zweite Frage, weshalb mein Stundenansatz höher ist als jener von anderen Therapeut*innen.

 

Ich hoffe, Sie können aufgrund meiner Erläuterungen nun etwas besser nachvollziehen, weshalb ich mich gegen die Möglichkeit einer Abrechnung über die Grundversicherung entschieden habe. Ich habe mich im Lauf der vergangenen Jahre immer weiter weg von der schulmedizinischen Vorstellung von Krankheit und Gesundheit entwickelt hin in Richtung einer ganzheitlichen Vorgehensweise und dies fühlt sich für mich sehr stimmig an. Ich möchte auf diesem Weg bleiben, da ich überzeugt bin davon, dass es Menschen gibt, die eben gerade von meinem ganzheitlichen Ansatz profitieren.

 

Falls Sie noch Fragen haben, zögern Sie nicht, sich damit bei mir zu melden. Wie Sie merken, gebe ich gerne Auskunft.

 

A propos Auskunft zum Thema Gesundheit und Krankheit: Gerne möchte ich Ihnen nun endgültig zum Schluss noch einen Filmtipp mitgeben. Der Dokumentarfilm "Heal" beschäftigt sich auf ganzheitliche Weise mit der Frage, was Menschen eigentlich brauchen, um nicht einfach nur "nicht krank", sondern wirklich gesund zu werden und bleiben. Unter anderem kommt zur Sprache, welche 9 Faktoren zu sogenannten "Radikalen Remissionen" führten bei Menschen, welche die medizinische Diagnose einer tödlichen Erkrankung (z.B. Krebs) erhielten:

  • Radikale Ernährungsumstellung (antientzündliche Ernährung)
  • Pflanzliche Arznei und Nahrungsergänzungsmittel verwenden
  • Die Opferhaltung aufgeben und Kontrolle über die eigene Gesundheit übernehmen
  • Der eigenen Inutition vertrauen und folgen
  • Sich von unterdrückten und unverarbeiteten Emotionen lösen
  • Das Erleben von positiven Emotionen aktiv fördern
  • Soziale Unterstützung einholen und annehmen
  • Vertiefen der eigenen spirituellen Verbindung
  • Starke Gründe fürs (Über-)Leben bzw. einen Sinn im eigenen Dasein finden

Interessanterweise beziehen sich nur 2 dieser Faktoren direkt auf den Körper, die restlichen 7 sind psychologisch-emotionale Faktoren. Und zusätzlich interessant: Ohne diese Faktoren zu kennen, habe ich diese selber angewandt in meiner Selbstbehandlung meines Morbus Crohn und meiner rheumatoiden Arthritis - eben indem ich meiner Inutition vertraute. Und lebe heute gut und glücklich ganz ohne Medikamente.

 

Willkommen bei Ihnen. Hoffentlich immer mehr in Ihrer Ganzheit.

 

Prüfen auch Sie immer wieder, ob die Bedingungen in Ihrem Leben Ihren Bedürfnissen entsprechen oder nicht und versuchen Sie, Ihre Lebensbedingungen aktiv zu gestalten. Damit tun Sie sich etwas Gutes und ermutigen andere Menschen, dasselbe zu tun.

 

Herzlich,

Simon Gautschy


Bild des Filmes Heal zum Thema ganzheitliche Heilung

Den Film "Heal" gibt es als DVD oder Sie können ihn beispielsweise auf Apple TV anschauen.

 

Heal greift nicht nur auf die brillanten Köpfe führender Wissenschaftler und spiritueller Lehrer wie Deepak Chopra, Bruce Lipton, Marianne Williamson, Dr. Joe Dispenza, Michael Beckwith, Gregg Braden, Anita Moorjani, David R. Hamilton, Anthony William u.v.m. zurück, sondern folgt auch drei Menschen mit erschütternden Diagnosen auf ihren individuellen Heilungsreisen, welche es vermögen unser bisheriges Glaubenssystem in Bezug auf Heilung außer Kraft zu setzen. Heilung kann sehr komplex und zutiefst persönlich sein, doch sie kann auch spontan, in einem Moment, geschehen. Durch diese drei inspirierenden und emotionalen Geschichten erfahren wir, was funktioniert und was nicht - und warum.

 

Wie viel Einfluss haben wir auf unsere Heilung?

 

Tatsache ist, dass wir mehr Kontrolle über unsere Gesundheit und unser Leben haben, als uns zu glauben beigebracht wurde. Dieser Film wird Sie mit einem neuen Verständnis der wunderbaren Natur des menschlichen Körpers und des außergewöhnlichen Heilers in uns allen stärken. Heal führt uns auf eine wissenschaftliche und spirituelle Reise, auf der wir entdecken, dass unsere Gedanken, Überzeugungen und Emotionen einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit und Heilungsfähigkeit haben. Dies zeigen auch die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft:

 

Weder sind wir Opfer unveränderlicher Gene, noch sollten wir uns selber eine beängstigende Prognose stellen oder stellen lassen!

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PSYTSG

Psychotherapie Simon Gautschy

M.Sc. Simon Gautschy

Eidg. anerkannter Psychotherapeut
Fachpsychologe für Psychotherapie FSP

Rathausgasse 17

5000 Aarau

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